Coronavirus und die Auswirkungen auf die Produktion [+ Checkliste]

  • Michael Reutter
  • Produktion

Gefühlt arbeitet Deutschland momentan aufgrund von COVID-19 komplett aus dem Home Office. Selbst in Bereichen, in denen klassisch kein Home Office möglich ist, wird alles versucht , um die Arbeit auch von zuhause erledigen zu können. Es gibt jedoch einige Berufe, bei denen es trotzdem nicht geht. Neben Krankenhäusern und  Supermärkten sieht es in vielen Produktionsunternehmen nicht anders aus. Diese sind aber wichtig, um Lebensmittel und wichtige Gebrauchsgüter zu fertigen, die während der Corona-Pandemie benötigt werden. Wir geben in diesem Artikel eine Übersicht der Ursachen, die zu einem Produktionsausfall in Zeiten von Social Distancing und Coronavirus führen können und wie man dem entgegenwirken kann, denn um Maßnahmen ergreifen zu können ist es wichtig die Gründe zu kennen, die zu einem Produktionsstopp führen können.

Folgende Szenarien sind in der Corona-Krise denkbar:

1. Mangel an Mitarbeitern

Aufgrund von Infektion mit dem Coronavirus, Angst, fehlender Mobilität oder weil die Kinder zuhause versorgt werden müssen, können einige Mitarbeiter nicht mehr oder nur unregelmäßig zur Arbeit kommen. Im schlimmsten Fall, sind sie selbst erkrankt oder müssen für bestimmte Zeit in Quarantäne.

2. Ein Infektionsfall im Unternehmen führt dazu, dass die gesamte Produktion unter Quarantäne gestellt werden muss

In diesem Szenario fallen alle Produktionsmitarbeiter auf einen Schlag aus und müssen ersetzt werden um die Produktion am Laufen zu halten. Dabei führt vor allem das fehlende Wissen von Mitarbeitern in wichtigen Schlüsselpositionen zu Problemen. Dies kann auch trotz Mehrfachbesetzung dieser Positionen oft nicht verhindert werden.

3. Probleme in der Supply Chain  

Aufgrund von globalen Lieferketten und weitreichenden Werksschließungen sind bestimmte Produkte und Erzeugnisse nicht mehr verfügbar. Dadurch droht ein Produktionsstillstand im eigenen Unternehmen.

4. Fehlende Aufträge

Produktionsstopps von OEMs und der Rückgang von Kundennachfragen führen dazu, dass viele Unternehmen gezwungen sind ihre Produktion herunterzufahren.

Die Gründe für die Reduktion der eigenen Produktion können vielfältig sein, weshalb es wichtig ist, offen und ehrlich mit den eigenen Mitarbeitern zu kommunizieren. Dabei sollte besonderer Wert auf Pläne, Überlegungen und Maßnahmen, die dem langfristigen Schutz der Mitarbeiter dienen, gelegt werden. Denn es geht nicht nur um die direkten Auswirkungen auf die Mitarbeiter, sondern auch darum, welche Maßnahmen im Unternehmen getroffen werden müssen, damit es sicher durch die Krise kommt. 

Da Home office für die Produktion nicht möglich ist, haben wir mögliche Maßnahmen die stattdessen getroffen werden können erarbeitet und in zwei Kategorien unterteilt. Die Eine hat das Ziel die Mitarbeiter gesund zu halten und Vorsorge zu betreiben. Die Andere dient dazu sicherzustellen, dass die Produktion am Laufen gehalten werden kann.

Gesundheitliche Maßnahmen

Hygienemaßnahmen gezielt erhöhen

Am einfachsten umzusetzen ist dabei sicherlich das regelmäßige Händewaschen. Timer oder Erinnerungen sonstiger Art können die Mitarbeiter dabei unterstützen. Außerdem können zyklische Desinfektions- und Reinigungsrunden dabei helfen, die Verbreitung von Viren und Bakterien zu verhindern. Wichtig dabei ist, die richtigen Desinfektionsmittel zu verwenden um alle Erreger, speziell Coronaviren abzutöten. Wenn Desinfektionsmittel nicht vorhanden sind, besteht die Möglichkeit, es unter Anleitung der WHO, es selbst herzustellen oder zumindest normale Reinigungsmittel zu nutzen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 

erklärt auf seiner Webseite, dass die in Reinigungsmitteln enthaltenen Tenside die Lipidschicht der Viren angreifen und damit zerstören. (Quelle: Artikel in Stuttgarter Nachrichten) Reinigungsrunden müssen dokumentiert werden damit sichergestellt werden kann, dass alle kritische Oberflächen wie Türklinken, Touchpanels von Maschinen oder sonstige Griffe nach jeder Schicht desinfiziert bzw. gereinigt werden. Zudem kann dadurch gegenüber einem Gesundheitsamt nachgewiesen werden, dass man der Sorgfaltspflicht nachgekommen ist. Außerdem führt es dazu, dass sich Mitarbeiter sicherer fühlen. Eine Möglichkeit der Dokumentation wäre das Führen einer (digitalen) Checkliste, die alle zu reinigenden Flächen beinhaltet. Diese Flächen können zudem mit kleinen NFC-Tags versehen werden und vereinfachen damit die kontaktlose Dokumentation, indem sie nach Abschluss jedes Reinigungsvorgangs abgescannt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass nichts vergessen wurde und es wird sichtbar, wann die Reinigung zuletzt durchgeführt wurde.

Abstand halten

Generell gilt es, den Sicherheitsabstand zueinander auch in der täglichen Arbeit einzuhalten. Die empfohlenen 1,5 Meter Abstand einzuhalten gestaltet sich in der Praxis, besonders in lauten Umgebungen, schwer. Oft können technische Möglichkeiten dabei unterstützen. Dazu gehört bspw. das Versenden von Sprachnachrichten über ein mobiles Endgerät und / oder Headsets. Auch beim täglichen “Stand-up” zu den aktuellen Shopfloor-Themen sollte der Abstand eingehalten werden. Dabei ist zu beachten, dass sich jeder Mitarbeiter trotz Social Distancing weiter einbringt und wichtige Informationen nicht verloren gehen.

Risikoprofile erstellen und Maßnahmen festlegen

Achten Sie besonders auf MitarbeiterInnen, die als Risikogruppe eingestuft sind. Dazu gehören bspw. ältere, chronisch Kranke Menschen oder Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen. Machen Sie (in enger Abstimmung mit dem Betriebsrates) eine Liste in der das Risikoprofil von Mitarbeitern in kritischen Positionen aufgeführt ist. Dabei spielt nicht nur das Alter oder Vorerkrankungen eine Rolle, sondern auch externe Faktoren, die das Risiko einer Ansteckung erhöhen. Dazu gehört bspw. der Arbeitsweg und ob die Personen mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen. Offensichtliche Punkte, wie Reisen in Coronavirus Risikogebiete oder Kontakt zu Erkrankten spielen dabei mit hinein. Anschließend sollte geprüft werden, ob es möglich ist das Risiko für Mitarbeiter zu verringern. Das geschieht bspw. durch bereitgestellte Schutzausrüstung oder bezahlte Taxifahrten. Eine weitere Möglichkeit Mitarbeiter zu schützen, wäre sie bezahlt freizustellen, um längere Ausfallzeiten zu vermeiden.

Aufspaltung in kleine Mitarbeitergruppen

Eine weitere wichtige Maßnahme ist das vermindern des Risikos der Ausbreitung von Krankheitserregern im Unternehmen. Das gelingt am Besten durch die Verkleinerung und Abgrenzung von Mitarbeitergruppen. Beispielsweise indem die Produktionsmitarbeiter in Gruppen eingeteilt, vom restlichen Unternehmen weitestgehend isoliert werden und autark arbeiten. Auch den direkten Kontakt von Personen in verschiedenen Gruppen oder Bereichen sollte in der Zeit der Corona Pandemie stärker vermieden werden. Die organisatorische Trennung von Gruppen stellt sicher, dass man sich auch nicht zufällig in geschlossenen Räumen zu nahe kommt indem bspw. Gemeinschaftsräume wie Waschräume oder Toiletten auch während einer Schicht nur für konkrete Gruppen freigegeben werden. Eine Möglichkeit dazu wäre Räume und Teams farblich zu kennzeichnen. Konkret sind auch der nahe Austausch zwischen unterschiedlichen Gewerken z.B. Maschinenführern und Instandhaltern sowie Logistikern zu minimieren. Stattdessen sollte nach Möglichkeit über Bilder, Sprachnachrichten oder Notizen kommuniziert werden. Dadurch wird ganz nebenbei Wissen gespeichert und kann im Anschluss Mitarbeitern zugänglich gemacht werden. 

Längere Pausen zwischen Schichten

Um die Ansteckung auch zwischen den Schichten zu vermeiden, sollte sichergestellt sein, dass sie zeitlich voneinander getrennt werden. Dies kann beispielsweise durch eine Pause von 20 Minuten oder länger zwischen den Arbeitszeiten geschehen. Die Zeitspanne sollte lang genug sein, damit die Mitarbeiter genügend Zeit für einen Wechsel haben und die Reinigung für die nächste Schicht komplett erledigt werden kann. Herausforderungen bestehen dabei darin, dass wichtige Informationen zwischen den Mitarbeitern nicht mehr direkt ausgetauscht werden können, denn die klassische Schichtübergabe findet nicht wie gewohnt statt. Diese Informationen könnten aber bspw. durch ein digitales Maschinentagebuch oder anhand von Sprachnotizen für alle abrufbar gemacht werden.

Maßnahmen, damit die Produktion weiterlaufen kann

Offene und klare Kommunikation

Um die Angst der MitarbeiterInnen im Unternehmen zu senken ist es wichtig eine gute und offene Kommunikation zu pflegen. Kommunizieren Sie offen, welche Maßnahmen ergriffen wurden um die Mitarbeiter zu schützen. Um das Aufkommen von Gerüchten zu vermeiden erklären Sie, wie mit Corona Fällen umgegangen wird und wie verhindert wird, dass es sich im Unternehmen ausbreitet. Lassen Sie Ihren Führungskräfte in der Produktion regelmäßig aktuelle Neuigkeiten zukommen und mit den Mitarbeitern besprechen. Geben Sie Ihren Mitarbeitern die Möglichkeit Ihre Ängste aber auch Ideen, wie die Arbeit sicherer gemacht werden kann, zu äußern und erfassen Sie diese entweder digital oder händisch. Dies kann z.B. anonym über eine “Corona-Box” gemacht werden, in der die Vorschläge und Bedenken eingeschmissen werden. Eine Pinnwand kann zur Sichtbarkeit über Maßnahmen und Lösungen beitragen.  Auch wenn einige Punkte eventuell nur zur Beruhigung dienen, hilft das die Mitarbeiterakzeptanz zu fördern. Eine Möglichkeit wäre, es auch in Shopfloor Management Meetings mit aufzunehmen, wo dann nicht nur produktionsspezifische Themen besprochen werden.

Flexible Schichten und Pläne

Da Kinder nicht mehr in der Schule, Kindergärten oder einer anderen Betreuung untergebracht werden können, stehen viele Eltern vor einer Herausforderung. Da auch Großeltern nicht einspringen können verschärft es Situation noch weiter. Besonders alleinerziehende Väter und Mütter haben damit zu kämpfen.
Sprechen Sie gezielt Eltern in Unternehmen an und klären Sie mit ihnen die aktuelle Situation. Organisieren Sie Schichtarbeit um. Eventuell kann es helfen, dass zumindest ein Elternteil zu Hause bei den Kinder bleiben kann. Falls dies nicht Möglich ist, hilft eine offene und verständnisvolle Kommunikation die Situation durchzustehen. Falls nur Überstunden oder Urlaub helfen kann wird trotzdem eine Umplanung der Schicht notwendig. 

Verbesserte Dokumentation für besseren Wissenstransfer

Aufgrund der Pandemie kann es dazu kommen, dass auch einige Produktionsmitarbeiter ausfallen. Dabei kann der Grund entweder daran liegen, dass Mitarbeiter vorsorglich in Quarantäne sind, krank sind oder sich um Familienmitglieder kümmern müssen. Wichtig dabei ist sicherzustellen, dass die Produktion auch mit wenigen Mitarbeitern aufrechterhalten wird. Ermutigen Sie Ihre Kollegen und Mitarbeiter mehr zu dokumentieren und Wissen zu verschriftlichen, z.B. über ein digitales Schichtprotokoll. Sorgen Sie dafür, dass Technologien eingesetzt werden, mit denen Mitarbeiter alleine Arbeiten können (z.B.  Alleinarbeiterschutzfunktionen). 

Kontakte nachvollziehbar machen

Sollte eine Produktion auf Anordnung der Gesundheitsbehörde geschlossen werden, stellt dies Unternehmen vor große Herausforderungen.
Solch eine Schließung kann vermieden werden und geschieht nur wenn bspw. eine Infektionskette in der Produktion nicht nachgewiesen kann bzw. zu viele Mitarbeiter gleichzeitig erkranken. Somit sollten die Personen die in den erwähnten Kleingruppen agieren, dokumentiert werden und dabei auch nachvollziehbar gemacht werden, mit welchen anderen Mitarbeitern im Unternehmen direkter Kontakt bestand. Durch diese Dokumentation und den oben erwähnten weiteren Maßnahmen kann nachgewiesen werden was getan wurde um die Mitarbeiter zu schützen und was getan wird um eine Ausbreitung im Unternehmen einzuschränken. In einem Notfallplan sollte festgehalten werden, wie die Gruppenmitglieder schnellstmöglich erreicht werden falls ein Mitarbeiter erkrankt und welche Mitarbeiter diese Schicht ersetzen könnten.

Agile Supply Chain

Je länger die Krise andauert und je länger Produktionen geschlossen bleiben, desto häufiger kann es passieren, dass Materialien oder Vorprodukte nicht verfügbar sind. Die eng vernetzte Lieferkette hat Lücken und führt somit zum Produktionsstopp. Um sich auch kurzfristig neue Lieferanten zu sichern, könnten Plattformen wie Scoutbee oder Kreatize den Einkauf unterstützen, damit die Produktion lieferfähig bleiben kann.

Maßnahmen-Checkliste kostenlos herunterladen

Auch wenn die Pandemie es schwierig macht weiter produzieren zu können gibt es einige umsetzbare Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter sowie Maßnahmen, mit denen sie eine fortlaufende Produktion sicherstellen können.

Auch wenn ein Mangel an Aufträgen dazu führt, dass Sie weniger zu tun haben, nutzen Sie die Gelegenheit um bspw. länger liegen gebliebene Aufgaben zu erledigen. Versuchen Sie innovative Themen anzugehen, denn jetzt haben Sie die Zeit ihre Produktion fit zu machen für den nächsten großen Auftrag. Weitere Informationen sind auch im Handbuch Betriebliche Pandemieplanung vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zu finden.

Wir würden uns freuen zu erfahren, welche Maßnahmen Sie ergriffen haben und wie Sie damit umgehen. Schreiben Sie uns doch einfach an, wir können Ihnen beim Umsetzen einiger Maßnahmen mit unserer intelligenten Softwarelösung sicher helfen.

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